Prüfung der elektrischen Licht- und Kraftanlagen – vertragliche Obliegenheit und Risikoprävention.

Statistiken des Instituts für Schadenverhütung und Schadenforschung zeigen, dass rund 30 % aller Brände auf Mängel in elektrischen Anlagen zurückzuführen sind. Für Versicherungsunternehmen ist die Sicherheit dieser Anlagen daher von zentraler Bedeutung. Vor diesem Hintergrund haben industrielle Sachversicherer in ihren Verträgen über die Klausel SK 3602 (Feuerschutzklausel) eine regelmäßige Prüfung durch VdS-anerkannte Sachverständige als vertragliche Obliegenheit festgeschrieben.
Hintergrund und Zielsetzung der Prüfung
Die Prüfung nach VdS 2871 (SK 3602) dient nicht der Erfüllung gesetzlicher Vorschriften, sondern ist eine zusätzliche vertragliche Verpflichtung. Sie verfolgt das Ziel, die besonderen Anforderungen des Versicherers an den Sachschutz sicherzustellen und die Eintrittswahrscheinlichkeit von Schäden, insbesondere Brandereignissen, nachhaltig zu reduzieren.
Die Einhaltung dieser Obliegenheit ist somit ein entscheidender Faktor für die Vertragssicherheit des Versicherungsnehmers: Werden Prüfungen versäumt oder festgestellte Mängel nicht behoben, kann der Versicherer im Schadenfall den Versicherungsschutz einschränken oder verweigern.
Abgrenzung zu gesetzlichen Prüfpflichten
Ein wichtiger Aspekt ist die Abgrenzung zu anderen Prüfungen, insbesondere zur DGUV Vorschrift 3 (früher BGV A3).
- DGUV V3 ist eine gesetzliche Pflichtprüfung, die dem Personenschutz dient und von „befähigten Personen“ durchgeführt werden muss. Sie bezieht sich auf ortsfeste und ortsveränderliche Betriebsmittel.
- Die Prüfung nach SK 3602 hingegen ist eine vertragliche Obliegenheit mit Fokus auf den Sach- und Brandschutz. Sie darf ausschließlich von VdS-anerkannten Sachverständigen durchgeführt werden und ersetzt die DGUV-Prüfung nicht.
Beide Prüfungen sind unabhängig voneinander verpflichtend. Messergebnisse aus der DGUV V3 können jedoch in die SK-3602-Prüfung einfließen, sofern die Protokolle geeignet und aktuell sind.
Prüfungsumfang nach VdS 2871 (SK 3602)
Der Prüfungsumfang ist klar definiert und umfasst:
- Besichtigung aller relevanten Anlagenteile, z. B. Trafostationen, Schaltanlagen, Maschineninstallationen, Kabel- und Leitungsanlagen, Beleuchtungsanlagen, Erdung, Potenzialausgleich, Überspannungsschutz, ortsveränderliche Betriebsmittel sowie Photovoltaikanlagen
- Messungen, darunter Isolations- und Schleifenwiderstand, Durchgängigkeit des Schutzleiters, RCD-Funktion sowie verpflichtende Thermografie zur Erkennung von Überhitzungen.
- Funktionsprüfungen nach VDE-Bestimmungen.
- Ordnungsprüfungen, u. a. Kontrolle der Einhaltung gesetzlicher Prüfpflichten (z. B. DGUV V3, BetrSichV in Ex-Bereichen).
- Dokumentation im Befundschein VdS 2229, mit klarer Bewertung des Gesamtzustands und detaillierter Mängelübersicht
Bedeutung der Mängelbeseitigung
Werden Mängel festgestellt, sind diese fristgerecht zu beheben und dem Versicherer nachzuweisen. Nicht behobene Mängel können nicht nur zu einer erhöhten Brandgefahr führen, sondern auch die Leistungspflicht des Versicherers infrage stellen.
In der Praxis verzichten Versicherer bei mängelfreien Prüfungen gelegentlich auf die nächste Jahresprüfung – dies ist jedoch Verhandlungssache und abhängig von der Betriebsart.
Konsequenzen bei Nichtbeachtung
Unternehmen, die ihre vertraglichen Prüfpflichten nicht erfüllen, riskieren:
- Gefährdung des Versicherungsschutzes im Schadenfall, da eine Obliegenheitsverletzung vorliegt.
- Zivil- und strafrechtliche Konsequenzen, wenn der mangelhafte Zustand einer Anlage ursächlich für einen Brand oder Unfall ist
- Erhöhte Schaden- und Ausfallrisiken, insbesondere durch Betriebsunterbrechungen nach Brandschäden.
Fazit und Empfehlung
Die Prüfung elektrischer Licht- und Kraftanlagen nach Klausel SK 3602 ist ein zentrales Instrument der Schadenprävention und der Einhaltung versicherungsvertraglicher Sicherheitsvorschriften. Sie ersetzt keine gesetzlichen Prüfungen, sondern ergänzt diese.
Unternehmen sollten die Prüfungen nicht nur als vertragliche Pflicht, sondern als wesentlichen Beitrag zur Betriebssicherheit und Risikoreduzierung verstehen.
Wir empfehlen, neben der fristgerechten Durchführung auch die zeitnahe Mängelbeseitigung sicherzustellen und entsprechende Prüfungsnachweise sorgfältig zu dokumentieren. Damit wird sowohl die Sicherheit im Betrieb erhöht als auch die Wirksamkeit des Versicherungsschutzes gewährleistet.