Eindeckung und Umdeckung von Sachversicherungsverträgen – die erweiterte Anerkennung

Versicherungsmanagement
Eindeckung und Umdeckung von Sachversicherungsverträgen – die erweiterte Anerkennung

Bei der Neueindeckung oder Umdeckung von Sach- und Ertragsausfallversicherungen spielt die vorvertragliche Anzeigepflicht nach § 19 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) eine zentrale Rolle. Sie verpflichtet den Versicherungsnehmer, bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung alle ihm bekannten gefahrerheblichen Umstände anzuzeigen, nach denen der Versicherer in Textform ausdrücklich gefragt hat. Gefahrerhebliche Umstände sind dabei solche, die den Entschluss des Versicherers beeinflussen können, den Vertrag überhaupt oder nur zu bestimmten Bedingungen abzuschließen. Im Bereich komplexer Unternehmensrisiken – wie sie in der industriellen Sachversicherung und Ertragsausfallversicherung üblich sind – betrifft dies häufig umfangreiche technische, organisatorische und standortspezifische Informationen.  

Wesentliche Punkte der gesetzlichen Regelung (§ 19 VVG):  

  • Anzeigepflicht besteht nur für Umstände, nach denen der Versicherer ausdrücklich fragt
  • Keine generelle Nachmeldepflicht: Nach Abgabe der Vertragserklärung endet die Pflicht, es sei denn, der Versicherer stellt nachträglich gezielte Fragen vor Annahme des Vertrages
  • Belehrungspflicht: Der Versicherer muss in Textform auf die Rechtsfolgen einer Anzeigepflichtverletzung hinweisen
  • Rechtsfolgen bei Verletzung: Je nach Verschuldensgrad kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, kündigen oder den Vertrag zu geänderten Bedingungen fortsetzen
  • Schutz des Versicherungsnehmers: Rechte des Versicherers sind ausgeschlossen, wenn dieser den nicht angezeigten Umstand kannte oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen keinen Einfluss auf den Vertragsabschluss gehabt hätten

Gerade in der industriellen Sach- und Ertragsausfallversicherung ist die sorgfältige Erfüllung der Anzeigepflicht und der „laufenden“ Obliegenheiten entscheidend, um Vertragssicherheit zu gewährleisten. Falschangaben oder unvollständige Antworten sowie die Missachtung laufender Obliegenheiten können zum Verlust des Versicherungsschutzes führen – oft erst im Schadenfall. 

Die Herausforderung bei Neueindeckung und Umdeckung

Bei einer Neueindeckung oder Umdeckung – also dem Wechsel des Versicherers bei gleichbleibendem oder angepasstem Versicherungsschutz – besteht für den Versicherungsnehmer das Risiko, dass der neue Versicherer sich im Schadenfall auf eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht beruft.  

Dieses Risiko ist insbesondere dann besonders hoch, wenn  

  • komplexe technische Anlagen oder Produktionsprozesse versichert werden
  • mehrere Betriebsstätten oder Standorte mit unterschiedlichen Risikoprofilen bestehen oder
  • Vorschäden, Schadenverläufe und Schutzvorkehrungen zu berücksichtigen sind

Hier kann es zu Interpretationsspielräumen kommen, ob ein bestimmter Umstand als gefahrerheblich gilt und ob dieser vollständig offengelegt wurde.  

Die erweiterte Anerkennungsklausel – Stärkung der Vertragssicherheit  

Um dieses Risiko zu minimieren, kann bei Vertragsverhandlungen die Aufnahme einer Erweiterten Anerkennungsklausel in den Versicherungsvertrag vereinbart werden. Eine beispielhafte Formulierung lautet:  

Erweiterte Anerkennung  

  1. Der Versicherer erkennt an, dass ihm alle Umstände bekannt geworden sind, die im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben und für die Übernahme der Gefahr erheblich waren.
  2. Dies gilt jedoch nicht für Umstände, die arglistig verschwiegen worden sind.

Diese Klausel hat folgenden Effekt:  

  • Vertragssicherheit: Der Versicherer bestätigt mit Vertragsabschluss, dass er alle für ihn relevanten Informationen erhalten hat
  • Beweislastumkehr: Im Schadenfall muss der Versicherer darlegen, dass ein Umstand arglistig verschwiegen wurde, um sich von der Leistungspflicht zu lösen
  • Reduzierung von Streitpotenzial: Unklare oder missverständliche Antragsfragen verlieren an Brisanz, da die Kenntnis des Versicherers verbindlich anerkannt wird

 Fazit  

Die vorvertragliche Anzeigepflicht gemäß § 19 VVG schützt Versicherer vor unvollständigen oder falschen Angaben, kann aber – insbesondere bei komplexen Sach- und Ertragsausfallrisiken – für Versicherungsnehmer eine erhebliche Unsicherheitsquelle darstellen.

Die Erweiterte Anerkennungsklausel bietet hier einen wirksamen Hebel, um bei Neueindeckung oder Umdeckung die Vertragssicherheit zu erhöhen. Sie schafft Klarheit darüber, dass der Versicherer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses alle gefahrerheblichen Umstände kannte – und reduziert so das Risiko späterer Leistungsablehnungen.

Für Unternehmen mit komplexen Produktionsprozessen, hohen Versicherungssummen und individuellen Risikosituationen ist diese Klausel ein wichtiger Baustein in der strategischen Versicherungsplatzierung. Haben Sie Fragen zu Ihrem Versicherungsprogramm? Lassen Sie uns sprechen! 

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