Die Haftzeit und der Bewertungszeitraum in der Betriebsunterbrechungsversicherung.

Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung handelt es sich im Grunde um eine Vermögensschadendeckung, welche sich an der Sachversicherung orientiert. Ein versicherter Sachschaden triggert dabei grundsätzlich auch die Betriebsunterbrechungsversicherung, soweit vorhanden. Diese ersetzt dann, im Falle eines versicherten Schadens, den entgangenen Gewinn und gleicht fortlaufende Kosten wie Löhne, Gehälter, Mieten, Pachten, umsatzabhängige Steuern und Versicherungen, Unterhaltungskosten für Maschinen und Gebäude, Fixkosten für Energie und Telekommunikation etc. aus.
Betriebsunterbrechungsversicherungen werden in drei Deckungsformen angeboten: die kleine Betriebsunterbrechungsversicherung, die mittlere Betriebsunterbrechungsversicherung sowie die große Betriebsunterbrechungsversicherung.
Bei der kleinen Betriebsunterbrechungsversicherung, welche über die Inhaltsversicherung abgeschlossen wird und welche eine i.d.R. auf 12 Monate limitierte Haftzeit vorsieht, wird die Versicherungssumme für Betriebseinrichtung und Vorräte, in bestimmten Fällen auch die Elektronikversicherung, als Versicherungssumme für diese Deckungsform zugrunde gelegt.
Daneben steht die „mittlere“ sowie die „große“ Betriebsunterbrechungsversicherung. Bei beiden Deckungsformen handelt es sich um eigenständige Versicherungsverträge, welche sich im Grunde lediglich in der Höhe der Versicherungssumme sowie im Deckungsumfang unterscheiden. Hier können auch längere Haftzeiten vereinbart werden.
Die Wahl der Deckungsform ist abhängig vom individuellen Risiko.
Bei der Betriebsunterbrechungsversicherung handelt es sich grundsätzlich um eine Vollwertversicherung. Der Betriebsgewinn und die fortlaufenden Kosten müssen daher, zum Schutz einer Unterversicherung, genau festgelegt werden.
Der Versicherungswert fungiert neben der Grundlage zur Deklaration der Versicherungssumme als Ausgangsbasis zur Prämienberechnung.
Im Zusammenhang mit der Betriebsunterbrechungsversicherung stößt man regelmäßig auf zwei versicherungstechnische Begriffe: die Haftzeit sowie den Bewertungszeitraum. Beide haben eine hohe Relevanz für die Deckung.
Beide Begrifflichkeiten sowie mögliche Problemstellungen bei deren Betrachtung im Schadenfall möchten wir heute ansprechen.
Doch zuerst, was bedeuten diese Begriffe?
Beim Bewertungszeitraum handelt es sich um einen Faktor, der die zeitlichen Grenzen für die Ermittlung des Versicherungswertes im Falle eines Betriebsunterbrechungsschadens bestimmt. Der Bewertungszeitraum dient dabei der Prüfung einer möglichen Unterversicherung durch den Versicherer sowie zur Berechnung des Ersatzwertes. Die Versicherungssumme wird damit mit den tatsächlich erwirtschafteten Erträgen während des Bewertungszeitraumes verglichen. Dies ist jedoch nicht immer einfach, da sich der Bewertungszeitraum immer auch auf den Zeitraum erstreckt, in dem aufgrund des Schadens keine Erträge erwirtschaftet werden konnten und somit nur fiktive Zahlen über einen Forecast zugrunde gelegt werden können. Der Bewertungszeitraum umfasst dabei grundsätzlich 12 Monate, auch wenn eine kürzere Haftzeit von 12 Monaten vereinbart ist. Soweit eine Haftzeit von mehr als 12 Monaten, längstens jedoch 24 Monate vereinbart ist, beträgt der Bewertungszeitraum 24 Monate. Das Ende des Bewertungszeitraums ist erreicht, wenn der Versicherer für den eingetretenen Schaden nicht mehr haftet. Dies ist dann der Fall, wenn der Betrieb wieder störungsfrei arbeitet und kein Ertragsausfallschaden mehr entsteht, spätestens jedoch mit dem Ablauf der im Vertrag vereinbarten Haftzeit.
Im Schadenfall ist dabei häufig die Berücksichtigung mehrerer Bewertungszeiträume für unterschiedliche Positionen erforderlich, um den tatsächlichen Schaden genau bestimmen zu können. Prägnant ist dabei auch die Tatsache, dass der Bewertungszeitraum nicht immer identisch mit der Haftzeit ist und es in Schadenfällen zu unterschiedlichen Betrachtungszeiträumen kommen kann, die jedoch miteinander verglichen werden müssen. Bei einer Haftzeit von bspw. 18 Monaten ist der bedingungsseitige Bewertungszeitraum 24 Monate.
Hier ist es wichtig, dass entsprechende Zahlen mit Fakten belegt und ein Forecast mit entsprechenden nachprüfbaren Argumenten untermauert wird.
Eine gute und klare Dokumentation unterstützt die Regulierung und vereinfacht diese.
Mit Blick auf die Haftzeit werden weitere Herausforderungen deutlich, doch zuerst möchten wir den Begriff „Haftzeit“ kurz erläutern.
Grundsätzlich ersetzt die Betriebsunterbrechungsversicherung im Schadenfall den entgangenen Gewinn sowie die nicht erwirtschafteten fortlaufenden (fixen) Kosten während der sogenannten Haftzeit, welche nicht großzügig genug bemessen werden kann.
Die Haftzeit legt den Zeitraum fest, für welchen der Versicherer Entschädigung für den Ertragsausfallschaden leistet.
Die Haftzeit beginnt mit Eintritt des Sachschadens (und nicht der Betriebsunterbrechung) und endet, wenn die vollständige kaufmännische und technische Betriebsbereitschaft wiederhergestellt ist. Dies ist oft weitergehender als die bloße Wiederherstellung der Produktionskapazitäten und in der Praxis häufig schwierig zu bestimmen. Die Haftzeit beträgt standardmäßig 12 Monate, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist. Ist die Haftzeit nach Monaten bemessen, so gelten jeweils 30 Kalendertage als ein Monat. Ist jedoch ein Zeitraum von 12 Monaten vereinbart, so beträgt die Haftzeit ein volles Kalenderjahr.
In der Praxis kann die Haftzeit bereits zu einem Zeitpunkt zu laufen beginnen, bevor sich ein Ertragsausfallschaden manifestiert. Kritisch wird es dann, wenn die Haftzeit zu kurz vereinbart wird, was oft aus Gründen der Prämienersparnis erfolgt. Sofern die vereinbarte Haftzeit endet, bevor die Betriebsbereitschaft wiederhergestellt ist, erhält der Versicherungsnehmer für die folgenden Ausfallschäden keinen Ersatz mehr.
Auch wenn gegen Mehrprämie grundsätzlich längere Haftzeiten vereinbart werden können, so ist dies in der Praxis häufig nicht einfach zu realisieren, da sich mit höheren Versicherungswerten das Risiko für den Versicherer erhöht und Kapazitätsgrenzen erreicht werden können.
In einem harten Versicherungsmarkt unterstützen wir unsere Kunden bei der Realisierung entsprechender Versicherungslösungen. Dabei beraten wir ganzheitlich auch im Hinblick auf Schadenverhütung, denn eine Versicherungslösung alleine stellt nur einen Bestandteil des betrieblichen Risikomanagements dar und ist immer im Gesamtkontext zu sehen.