Der Erwerb einer Immobilie und der Versicherungsschutz.

Oft werden wir nach dem Kauf einer Immobilie mit der Frage konfrontiert, ob der Versicherungsvertrag auf den Erwerber übergeht, und wenn ja zu welchem Zeitpunkt. Es stellt sich die Frage, ob der Versicherungsschutz überhaupt aktiv besteht (z.B. Prämienverzug nach §38 VVG oder Kündigung vor Veräußerung) bzw. ausreichend und korrekt bemessen ist. Der Veräußerer ist zudem gem. BGH-Urteil vom 20.03.2020, V ZR 61/19 nicht verpflichtet ungefragt auf fehlenden Versicherungsschutz hinzuweisen.
Wird eine versicherte Sache veräußert gelten insbesondere auch die Vorschriften des § 95 ff VVG (Versicherungsvertragsgesetz). Der Erwerber tritt in den Versicherungsvertrag ein, und zwar mit Eintragung ins Grundbuch. Diese Regelung soll den Erwerber (und evtl. Hypothekengläubiger) schützen, da dieser möglicherweise noch nicht in der Lage war, neuen Versicherungsschutz zu besorgen.
Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH davon auszugehen, dass aufgrund des eindeutigen Sacherhaltungsinteresse des Erwerbers, dessen „fremdes Interesse“ über den bestehenden Versicherungsvertrag des Veräußerers mitversichert gilt (BHG-Urteil vom 17.06.2009 IV ZR 43/07).
Wichtig ist Anzeige des Erwerberwechsels zum Versicherungsvertrag des Veräußerers. Wird diese unterlassen, kann der Versicherer im Schadenfall Leistungsfrei sein.
Ist der Eigentumsübergang erfolgt haften sowohl Veräußerer als auch Erwerber gesamtschuldnerisch für die Prämie der laufenden Versicherungsperiode. Es ist also sinnvoll bereits vorher vertragliche Regelungen zur Prämienzahlung zu treffen. Der Erwerber (und der Versicherer) haben nun ein außerordentliches Kündigungsrecht. Der Veräußerer hingegen nicht!
Losgelöst vom rechtlichen Eigentumsübergang bei Eintragung ins Grundbuch, wird häufig ein „Nutzen-, Gefahr- und Lastenübergang“ nach Zahlung des Kaufpreises vereinbart. Spätestens jetzt besteht ein versichertes Interesse des Erwerbers an der Sache, aber auch und insbesondere aufgrund der bestehenden Haftung gegenüber Dritten. Bestehende Sachversicherungen sind oft zu gering oder unzureichend ausgestaltet. Und verliert das Gebäude, zum Beispiel wegen einer beginnenden Sanierung oder überwiegendem Leerstand die „Bezugsfertigkeit“ kann ein etwaiger Versicherungsschutz gegen Leitungswasser, Sturm/Hagel und weitere Elementarschäden gänzlich entfallen. Objektbezogene Haftpflichtversicherung gehen - falls sie denn bestehen – ebenfalls auf den Erwerber. Aber auch besteht meist keine Kenntnis über den ausreichenden und korrekten Versicherungsschutz.
Vom Veräußerer zu vertretende vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen, fehlende Anzeigen wegen Gefahrerhöhung oder sonstige Obliegenheitsverletzung könnten vom Versicherer gegenüber dem Erwerber geltend gemacht werden (und umgekehrt).
Der Vorgang zeigt deutlich, dass enge Abstimmungen notwendig sind. Es ist somit von großer Bedeutung, dass im Rahmen eines solchen Prozesses der versicherungstechnische Teil frühzeitig eingebunden wird.
Meist ist der Erwerb einer Immobilie mit einer hohen Investition verbunden und ein möglicher Totalverlust stellt ein existenzbedrohendes Risiko dar. Umso mehr raten wir dazu frühzeitig den Kontakt mit uns zu suchen und riskogerechten Versicherungsschutz einzukaufen. Die Kosten sind im Verhältnis zur Gesamtinvestition nahezu zu vernachlässigen.